„Nur weil es immer schon so g’wesen ist, muss es nicht so sein!“
Internationale Kooperation im Lehramt
Mit dem Schuleintritt beginnt eine Zeit des langen Sitzens und der Reglements. Kinder brauchen jedoch Bewegung, Lehrer:innen Flexibilität. Diesem Aspekt versuchen Vorstellungen von Schule der Zukunft gerecht zu werden. Wie Schule und Architektur kommunizieren, erkundeten 29 Studierende und Kolleg:innen aus Leipzig und Graz an ausgewählten Beispielen von Klassenräumen, Schulgebäuden und kuratorischer Museumspraxis vom 21.–26.04.2023. An dieser Stelle danken wir allen Schulen sehr herzlich!
Ausgehend von kritischen Professionstheorien und Ergebnissen der ästhetischen Bildungsforschung gingen die Lehramtsstudierenden im Rahmen eines gemeinsamen Seminars am Institut für Bildungsforschung und PädagogInnenbildung der Universität Graz und des Instituts für Bildungswissenschaften der Universität Leipzig der Frage nach, welche pädagogischen Effekte die Gestaltung des Raums und die Architektur – entweder in absichtsvoll geschaffener oder in nicht intendierter Gestalt – auf das Lehren und Lernen haben können.
Mit dem Besuch der Ausstellung „Das Bildungsbedürfnis einer Region“ im Volkskundemuseum Graz starteten wir in einen Austausch über die Unterschiede der deutschen und österreichischen Schulsysteme sowie Herausforderungen im Zugang zum individuell passenden Bildungsangebot für Schüler:innen in einer Region.
In Mariagrün erkundeten wir die österreichweit erste Volksschule in Passivhaus-Qualität (AA+) in dieser Größe und die im „Cluster“-System konzipierten Lehrräume (Führung: Direktor Harald Schabus und Wolfgang Schnelzer). Das heißt, dass Klassenräume, offene Lernräume, Lehrerzimmer und Materialraum in einem Raumverbund angeordnet sind. Konzepte des offenen Lernens und Klassenverbandes konnten wir in der Projektschule Graz partizipativ kennenlernen (Führung: Schulleiterin Patricia Thaller). In einem Klassenverband verschiedener Altersgruppen werden die Kinder gemeinsam unterrichtet. Die Raumgestaltung der Schule ist sowohl für die heterogenen Klassen als auch für das individuelle Lerntempo der Kinder besonders förderlich.
Die architektonischen Herausforderungen einer Ganztagsbildung, vom Speisesaal bis zur Nachmittagsbetreuung diskutierten die Lehramtsstudierenden im BG/BRG Lichtenfels (Führung: Direktor Nikolaus Holzapfel und Michi Peier) und in der Mittelschule SAG Puntigam (Führung: Veronika Auer). Spielräume zu erkennen, zu nutzen und zu schaffen, um Lehr-Lernprozesse innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers zu organisieren, stand im Zentrum des Austausches. Es wurde deutlich, dass ungeachtet sehr unterschiedlicher Rahmenbedingungen Raumgestaltung und Pädagogik ineinandergreifen und sich unterstützend beeinflussen. Auffallend war, wie engagiert und schüler:innenorientiert das Ringen um Räume geschieht: von Teamräumen für Klassenlehrer:innen über Rückzugslernorte für Schüler:innen bis zum Ski-Keller und Graffiti an den Wänden.
Auch die für Österreich so typischen berufsbildenden mittleren und höheren Schulen durften nicht fehlen. Mit dem einzigartigen Konzept der JusHAK ermöglichte auch die Benko Business School, Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht (Führung: Direktorin Tanja Habich und Mirijam Katic), einen Einblick in ihre Lehrräume sowie den bei ihren Schüler:innen beliebten Lernort im Laubengang.
Das Seminar findet seit 2021 in Kooperation mit Prof. Dr. Jonas Flöter (Allgemeine Erziehungswissenschaft) und Univ.-Prof. Dr. Agnieszka Czejkowska (Bildungstheorie und Schulforschung) gemeinsam mit Lisa-Sophie Krob & Jessica Venner sowie Lehramtsstudierenden der Universitäten Leipzig und Graz statt. Es wird u.a. aus Mitteln von Arqus/Erasmus+ gefördert.