SAID
Digital Coaches unterstützen Volksschüler:innen und Lehrpersonen im Umgang mit digitalen Medien
Die inklusive Schule ist ein wesentliches bildungspolitisches Ziel der Vereinten Nationen (Römer & Malina, 2014), das sich jedoch auf die Ebene der Schüler:innen beschränkt. Das Erasmus+ Projekt SAID - School Assistance Inclusive & Digital unter der Leitung des Grazer Vereins atempo befasst sich mit schulischer Inklusion aus der Perspektive der Lehrkräfte: Junge Menschen, die selbst eine Lernbeeinträchtigung haben, unterstützen Kinder und Lehrpersonen als Digital Coaches in der digitalen Welt.
Ausgangslage:
Im Jahr 2001 legte die OECD den Begriff „digitale Spaltung“ (engl.: digital divide) fest, der sich auf die Unterschiede zwischen Personen, Haushalten, Unternehmen und geografischen Gebieten mit verschiedenen sozioökonomischen Hintergründen bezieht. Diese Unterschiede betreffen sowohl den Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) als auch die Nutzung des Internets für verschiedene Aktivitäten. Menschen mit Behinderungen zählen zu denjenigen, die am stärksten von der digitalen Spaltung betroffen sind und ohne Wissen über digitale Barrierefreiheit und die Möglichkeiten, die digitale Medien bieten können, zurückgelassen werden (Negreiro, 2015).
Beim Grazer Verein atempo können sich junge Menschen mit Lernbeeinträchtigung in einem Pilotprojekt seit mehreren Jahren zu Schulassistent:innen für digitale Bildung ausbilden lassen. Danach haben sie die Möglichkeit, als sogenannte „DigiCoaches“ an Grazer Volksschulen zu arbeiten und ihre erworbenen digitalen Kompetenzen als Expert:innen weiterzugeben. Damit werden Lösungen für zwei bedeutende Herausforderungen geboten: Erstens wird dem Bedarf Rechnung getragen, digitale Barrierefreiheit und Inklusion für Schüler:innen und die gesamte Schulgemeinschaft zu ermöglichen und zu unterstützen. Zweitens bietet das Pilotprojekt innovative Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten und reagiert damit auf den Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen. Die DigiCoaches erleben sich selbst als Expert:innen, wodurch ihr kompetenzorientiertes Selbstbild gestärkt wird. Während des gesamten Prozesses werden Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen abgebaut.
Das Projekt:
Das Projekt SAID – School Assistance - Inclusive & Digital wird von Erasmus+ als Kooperations-partnerschaft im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung gefördert und hat eine Laufzeit von 30 Monaten (01.06.2022-30.11.2024). Vier Partner:innen aus drei europäischen Ländern (Österreich, Irland, Finnland) arbeiten im Projekt zusammen.
Das Forscherinnenteam der Universität Graz sammelt und evaluiert die Erfahrungen der DigiCoaches, die bereits in Grazer Volksschulen tätig sind. Dazu werden unter Anwendung partizipativer Forschungsmethoden verschiedene Erhebungen durchgeführt und unter Berücksichtigung der Perspektiven der (1) DigiCoaches, (2) Schüler:innen, (3) Lehrpersonen und Schulleiter:innen und (4) Key Worker bei atempo ausgewertet. Gleichzeitig werden die Rahmenbedingungen für den bestmöglichen zukünftigen Einsatz von DigiCoaches in Österreich, Finnland und Irland ausgelotet.
Herzstück des Projekts ist die Entwicklung eines Curriculums für die Ausbildung zum:zur DigiCoach, das in den Partnerländern zum Einsatz kommen soll. Auch die Entwicklung und Beurteilung des Curriculums erfolgen in einem partizipativen Prozess, in den die Digicoaches selbst, ihre Ausbildner:innen und Trainer:innen bei atempo sowie Schüler:innen, Lehrpersonen und Schulleiter:innen, die mit ihnen zusammenarbeiten, eingebunden sind.
Ergänzend zum Curriculum entwickeln die SAID Projektpartner:innen Trainingsmaterialien für die weitere Ausbildung von DigiCoaches sowie Handbücher für Schulen, in den die DigiCoaches zukünftig eingesetzt werden. Alle Materialien werden Open Access und in drei Sprachen (Englisch, Deutsch, Finnisch) veröffentlicht. Ziel ist es, einen Rahmen zu schaffen, der es allen Beteiligten ermöglicht, eine gute Arbeitsbeziehung mit den DigiCoaches aufzubauen und dabei auf Best Practices und bereits gesammelte Erfahrungen zurückzugreifen.
SAID will zeigen, dass in einer Gemeinschaft alle Menschen voneinander und gleichberechtigt miteinander lernen können. Berufliche Inklusion wird direkt durch die Zusammenarbeit mit Personen mit Lernschwierigkeiten gelebt, die als Expert:innen und Schlüsselpersonal arbeiten und die digitale Barrierefreiheit in der Bildung unterstützen. Damit leistet SAID einen bedeutenden Beitrag im Bereich der beruflichen digitalen Transformation.
Forscher:innen:
- Ass.-Prof.in Dipl.-Sprachwiss.in Susanne Seifert, PhD
- Valerie Fredericks, BA MSc
- Yvonne Fasching, BA
- Caroline Breyer, Bakk. MSc PhD (zeitweise)
- Olena Sereda, PhD (zeitweise)
Partnerorganisationen:
- Verein atempo, Graz, Österreich (Projektkoordination)
- SJOG (Saint John of God Hospitaller Services Group), Dublin, Irland
- TRYcamps, Porvoo, Finnland
Literaturverzeichnis:
- Negreiro, M. (2015). Bridging the digital divide in the EU.
- Römer, K. & Malina, B. (Hrsg.). (2014). Inklusion: Leitlinien für die Bildungspolitik (C. Busch, Übers.) (3. erweiterte Auflage). Deutsche UNESCO-Kommission.